Phonsavan

Plain of Jars und menschliche Grausamkeit


Grenzerfahrung

Die Reise meines Lebens

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Ich schlafe in den unmöglichsten Situationen, in den absurdesten Positionen, bei Lärm und rüttelnden Bewegungen. Meine Wenigkeit fand in den Nachtbussen fast immer Schlaf und konnte somit meistens den nächsten Tag trotz ruppiger und ungemütlicher Busfahrt „relativ“ ausgeschlafen beginnen. Klar, ein sich nicht bewegendes Bett im Guesthouse ist bequemer, doch wenn die Zeit etwas drückt, kann man die langwierige Fortbewegung in diesem Land in die Nacht legen. Soweit unsere Theorie! Das man doch irgendwie immer etwas gerädert am Zielort ankam, ist besonders in Anbetracht der Straßenverhältnisse nicht verwunderlich. Auch wenn der Wille da war, hinterließen diese nicht sonderlich bequemen Nachtfahrten besonders bei Björn, aber zum Teil auch bei mir einen bleibenden Eindruck, der von Fahrt zu Fahrt zunahm. Die Nackenverspannungen verschlimmerten sich.

 

Gegen drei Uhr nachts erreichten wir nach acht Stunden das 40.000-Einwohner-Städtchen Phonsavan. Die Stadt mitten in der Xieng Khuang-Region im Nordosten von Laos diente uns eigentlich nur als Ort zum Bestaunen der berühmten Plains of Jars, doch kam es mal wieder alles anders. Im Reiseführer hatten wir zwar schon gelesen, dass man sich in diesem Gebiet wegen noch immer „scharfer“ Bomben besser nur auf den gekennzeichneten Wegen bewegen sollte, ein Bild von der Situation Vorort konnten wir uns aber durch den „Lonely Planet“ kaum machen. Schon bei der nächtlichen Ankunft in Phonsavan bekamen wir nämlich einen ersten Eindruck, denn der Bus ließ uns direkt vor einem Restaurant mit dem Namen "Craters" aussteigen, dessen Außenbereich von großen Fliegerbomben jeglicher Art umzäunt wurde.

 

Aufgrund der zunächst überwiegenden Müdigkeit checkten wir in das erstbeste Guesthouse auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein, weckten dabei einmal mehr den Hotelier und fielen übermüdet ins Bett.

 

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Am nächsten Morgen buchten wir uns direkt bei unserem freundlichen Hotelier für ungefähr 25Euro pro Person eine Kombi-Tour, die uns zunächst zu den erreichbaren Bereich der Plain of Jars und anschließend zu weiteren Sehenswürdigkeiten bis hin zu einer 80km entfernten heißen Quelle brachte. Vor der Abfahrt um halb neun war jedoch noch genügend Zeit für ein kurzes Frühstück und unsere Wahl fiel, wie so oft, auf ein Restaurant, in dem fast nur Einheimische speisten. Wir entschieden uns bewusst nicht für das touristische "Craters", dessen Eingangsbereich sehr makaber Fliegerbomben zur Schau stellte. Und schon beim Hinsetzen merkten wir, dass dies einmal mehr eine goldrichtige Entscheidung war, denn man brachte uns direkt einen heißen Tee zur Begrüßung und die Bedienung war äußerst freundlich, wollte sie uns doch sogar ihre Tochter als unsere Ehefrau verkaufen. Ob es nun scherzhaft oder ernst mit einem Funken Hoffnung gemeint war, die Tatsache, dass sie uns einen Preis von lediglich zehn Millionen Kip, welches keine 1000 Euro entspricht, nannte, war etwas verstörend und weckte ein wenig Erinnerungen an die Warnschilder des Sex-Tourismus. Aber ich ignorierte die Bemerkung größtenteils, zumal es auch nicht die einzigen mütterlichen Verkaufsangebote in Laos sein werden.

 

Die Bäuche waren gut gefüllt und das Verlangen etwas über die Plain of Jars, als auch über die Problematiken der noch immer verstreut liegenden scharfen Bomben, die der Lonely Planet thematisch nur anschnitt, zu erfahren, war schier unendlich groß. Mit einem klimatisierten Mini-Van und einem der englischen Sprache nur teilweise mächtigen Guide ging es zu unserem ersten Hotspot, der mysteriösen Ansammlung von Tonkrügen auf einer hügeligen Wiese. Genau genommen sind die Krüge aus Stein gearbeitet, wobei sich der Begriff „Tonkrüge“ umgangssprachlich mittlerweile durchgesetzt hat. Die Gefäße aus Stein sind zwischen einem halben und drei Metern hoch und wiegen bis zu sechs Tonnen.

 

Ohne vorliegende Überführungen aus jener Zeit gehen Geologen nach hinreichenden Untersuchungen davon aus, dass sie seit mehr als 1500 bis 2000 Jahre in der sogenannten Plain of Jars, zu Deutsch Ebene der Steinkrüge, stehen. Die Steinkrüge wurden verstreut an über 90 Stellen gefunden, die allerdings nicht alle zugänglich sind. Denn während des Vietnamkriegs ist die Provinz so stark bombardiert worden, dass noch immer nicht explodierte Sprengkörper im Boden liegen. Dazu aber an späterer Stelle mehr. Es gibt drei bekannte zu besichtigende Stätten, bei denen uns leider nur die größte vergönnt war, denn die beiden kleineren waren aufgrund erneutem Starkregen mit einem Jeep nicht mehr erreichbar - akute Erdrutschgefahr, aber der Tag sollte auch so schon erlebnisfüllend sein. Auf der von uns besichtigten sogenannten Ebene 1 lagen alleine über 350 solcher Gefäße unterschiedlichster Größe auf einer weiten Wiese verstreut. Einige waren hinreichend groß, dass man in sie hineinkriechen konnte und selbst Björn überragten, andere eher nur Kniehoch. Besonders beeindruckend empfand ich allerdings die Tatsache, dass sowohl die Herkunft als auch der Zweck der Tonkrüge bis heute ungeklärt ist. Für einige wurden Deckel gefunden, in andere wurden Muster und Zeichen eingemeißelt. Dennoch gibt es nur Mutmaßungen über das Geheimnis der Krüge. Es wäre möglich, dass sie als Grabstätte oder zu Begräbnisritualen eingesetzt wurden, darauf deuten Knochenfunde hin. Andere Theorien behaupten, dass Laolao (Reisschnaps) oder Whiskey in ihnen gelagert wurde. Denn Steingefäße eignen sich bestens zur Lagerung von Alkohol - in Holzfässern würde er verdunsten. Dennoch handelt es sich lediglich um Theorien. Ich für meinen Geschmack glaube an die Reisschnapstheorie und frage mich welch' eine Party hier stattgefunden haben muss.

 

Alles in allem zwar ein sehr trister Touristenort, in dem aber das Geheimnisvolle stets mitschwebte. Nach einigen Fotos von dem Mysterium und einem ausgiebigen Rundgang durch die Ebene der Steinkrüge fuhr man mit dem Van weiter. Nächster Halt war ein einheimisches Dorf, bei dem wir uns fragten warum wir genau hier anhielten. Da unser Guide kaum englisch Sprach und nur Worte wie "Look" und "Go" rausbrachte, stiegen wir voller Erwartung aus und schlenderten durch das Dorf. Es dauerte in der Tat nicht lange bis uns der Stopp überaus klar wurde. Überall waren Bombenfragmente, insbesondere die Hüllen von sogenannten Cluster-Bomben als Zäune und Stützen in Häusern oder Ställen verbaut und wurden als Grill, Tränke für die Tiere oder Futtertrog zu Gegenständen des täglichen Lebens. Die restlichen Überreste von den Bombenschalen, die nicht mehr als nützlich empfunden wurden, ließ man in einer Art "Hochofen" wieder einschmelzen, um Werkzeuge herzustellen. Auf einigen besonders gut erhaltenen Bombenschalen war sogar das Symbol der "US Airforce" und "US Army" zu erkennen.

 

In dem Moment erinnerte ich mich an die unzähligen Hinweistafeln in den verschiedenen Dörfern mit der Deutschen Entwicklungshilfe zurück und konnte mir den Spruch, dass dies die amerikanische Art der Entwicklungshilfe sei, nicht verkneifen. Traurig, aber scheinbar Realität.

 

Als nächstes fuhr unser Guide uns nach einer matschigen Fahrt zu einer Kuhweide, die von Einschlagkrater amerikanischer Bomben nur so strotzte. Zwischen 5 und 20 Meter Durchmesser und einer Tiefe bis zu 10 Metern reihe sich ein Krater an den nächsten. Ein kleines Hinweisschild erklärte uns schließlich, dass an dieser Stelle vor 50 Jahren noch der dichte Dschungel herrschte. Eine Kombination aus Napalm und unzähligen Fliegerbomben verwandelte diese unendlich wirkende leicht hügelige Landschaft in eine trostlose Wiese mit unzähligen Einschlaglöchern. Die Tatsache, dass die Natur bis heute nicht das Gebiet zurückerobern konnte, lässt sich auf die immer noch extrem schädlichen Abfallprodukte der Napalmbomben schließen....

 

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Eine insgesamt sehr traurige und erschreckende Vergangenheit, dessen genaues Ausmaß in den beiden Dokumentarfilmen "The Most Secret Place On Earth" und "Bombies" sehr ansprechend zu sehen ist. Wem diese grausame Vergangenheit nun mehr interessiert, dem lege ich diese beiden Filme, die auf YouTube zu finden sind, sehr ans Herz. Zwar wird dort nur die "Anti-Amerikanische"-Seite dargelegt, bei der man wissen sollte, dass zu einem Krieg immer zwei Parteien dazugehören, aber die beiden Filme sind wirklich gut gemacht und klären auf. Wir beiden kamen ebenfalls noch am gleichen Tag, abends im Hotel angekommen, in den Genuss dieser sehr aufschlussreichen Dokumentarfilme.

 

Doch sollte unser Tagestrip noch nicht zu Ende sein. Nachdem der traurige Ort der gefallenen Opfer in der Höhle verlassen wurde, fuhr man uns zu einer heißen Quelle mitten in den Dschungel. In dieser wirklich sehr gemütlichen Naturkulisse versuchte man zunächst mit einem empfehlenswerten Bad in einer der heißen Quellen die gesammelten Eindrücke der letzten Stunden zu reflektieren. Gar nicht so einfach, wenn fortlaufend neue Eindrücke gesammelt werden und diese förmlich im Stau vorm "inneren Ich" stehen. Irgendwann ist man nämlich an einem Punkt angekommen, an dem man gerne etwas die Augen vor der Realität verschließen mag, um sich nicht noch mehr Neuem ausgesetzt zu fühlen. Ich wirkte blockiert und gedankenlangsam. Ich erinnerte mich in jenem Bad an den Grund zurück, warum ich diese Reise genau angetreten habe. Ich war zwar weiterhin äußerlich gierig nach Action und dem "Neuen", fühlte mich aber gleichzeitig manchmal zu müde, um mir über die neuen Eindrücke Gedanken zu machen. Ein schreckliches Dilemma, welches sich angesichts der wirklich interessanten Geschichten über den Vietnamkrieg immer mehr zuzuspitzen schien. Es war ein Wechselbad der Gefühle, doch begann ich seit Phonsavan mich nicht selten einfach nur noch nach Routine zu sehen. Routine, bei der man sich gehen lassen kann und nicht nachdenken braucht - Ein gewohntes Leben eben. So relaxte ich im heißen Schwefelbad und sammelte zunächst beim tiefen Ein- und Ausatmen meine Gedanken. Ich vergaß für den Moment alles um mich herum und verschob den Versuch einen klaren geschichtlichen Zusammenhang zu finden auf den späteren Abend.

 

Nachdem einem in der heißen Quelle zu heiß wurde und man zum Abschluss noch eine kühle Coke genoss, fuhr man zurück zum Hotel und ließ sich vom Hotelbesitzer jene gut inszenierten Dokumentarfilme zeigen. Eine unfassbare Grausamkeit, vor dem man wirklich nicht die Augen verschließen sollte. Auch wenn ich dies zu Anfang des Tages angesichts mentaler Überforderung noch versuchte, erschütterte mich die Wahrheit schon sehr. Die detaillierte Dokumentation füllte sämtliche geschichtlichen Lücken in meinem Gedächtnis und brachte das Erlebte in einen sinnigen Kontext. Ich erwachte aus dem gedankenlangsamen Dasein und bildete mir eine erste Meinung - eine sehr krasse Meinung. Mein Gehirn arbeitete plötzlich wieder auf Hochtouren und ich schien die Informationen förmlich wie einen Schwamm aufzusaugen. Dabei stellte ich mir nicht nur die Frage nach dem "Warum", sondern auch wie die USA wohl reagieren würde, wenn ein anderes Land eine solche skrupellose, korrupte und menschenverachtende Operation über 9 Jahre lang plant, durchführt und geheim hält? In meinen Augen würde nur in einer Art und Weise reagiert werden. Und ohne nun genauer darauf einzugehen, weiß glaub ich jeder Leser mit welcher Reaktion amerikanischer Herkunft man rechnen müsste. Wie ich finde ein fast unzumutbarer Egoismus gepaart mit Größenwahn und Skrupellosigkeit. Das Vertrauen in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist bei mir einmal mehr gesunken und lässt einen bitteren Nachgeschmack - trotz der zweifelslos vielen guten Erinnerungen an das Land. Auch wenn ich insgesamt nicht zu sehr polarisieren will und stets betone, dass zu einem Krieg immer zwei Seiten existieren und die Amerikaner sicherlich ihre Gründe hatten, kann ich ein solches Verhalten keinesfalls ignorieren oder gar gutheißen. Ich find es abstoßend und verkörpert einmal mehr das im menschlichen Geist das Prinzip "Der Starke fällt über die Schwachen her" verankert zu sein scheint.

 

Nachdem man sich die Dokumentationen angeschaute hatte, schlenderten wir noch ein wenig über einen Nightmarket unweit des Hotels. Dort bekamen wir bei langsam untergehender Sonne die geballte Form der einheimisch gehandelten Waren, wie Schweine und Hühner in selbst geflochtenen winzigen Transportboxen, Glasaale, Honigwaben und verschiedenste Kosmetika, zu sehen. Märkte glichen auch in Laos einem kleinen Mikrokosmos, in dessen verwinkelten schmalen Gassen die Gerüche benebelnd wirkten. Jeder Markt schien seine eigene Seele zu haben und genau aus diesem Grund liebte ich es durch die schmalen Gassen zu schlendern und mich von den Eindrücken des Handelns berieseln zu lassen.

 

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