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Wer nach Varanasi kommt, sollte sich auf einiges gefasst machen. Die Stadt ist einer der himmelschreiend buntesten, ekelhaft versifftesten, gnadenlos chaotischsten und ungerührt indiskretesten Orte der Welt. Sie vereinnahmt Besucher mit Leib und Seele. Varanasi ist die heiligste Stadt des Hinduismus und Pilgerstätte für alle Altersgruppen. Bereits seit über 2500 Jahren pilgern gläubige Hindus hier her, um sich durch ein Bad im Ganges von den Sünden rein zu waschen. In Varanasi zu sterben, verbrannt und tot in den Ganges geschmissen zu werden, gilt weiterhin als einziger Ausweg aus dem ständigen Kreislauf der Reinkarnation. Deshalb kommen auch alte, kranke, sterbende sowie bereits tote Menschen nach Varanasi, um hier ihre letzte Ruhestätte zu finden. Auf jeden Fall, soviel möchte ich vorwegnehmen, war Varanasi definitiv das krasseste, was ich in Indien erlebt und gesehen habe. Eine Explosion an Impressionen.
Nachdem wir am frühen Morgen unausgeschlafen und müde in Varanasi mit dem Nachtzug angekommen waren, ging zunächst der ganz normale Wahnsinn der Taxisuche los, wobei die Menschen dieser Stadt in Sachen Penetranz dem ganzen Land nochmal die Krone aufsetzten. Nach schier endlosen Verhandlungen fuhren wir endlich in die gnadenlos chaotische Altstadt von Varanasi. Das Hotel unserer Wahl lag am Ende einer sehr dunklen und schmalen Gasse unweit des Ganges. Die Altstadt, das Herz Varanasis, toppte in Bezug auf Dreck, Schmutz, Schimmel, Uringestank, Ratten und klaustrophobiescher Enge noch einmal alles zuvor Gesehene. Eine 4-6-stöckige bröckelnde Betonfassade folgte ausnahmslos der nächsten, lediglich getrennt durch ein wirr angeordnetes Gassensystem, in denen sämtliche Abgründe des menschlichen Daseins zu sehen waren. Die Frage "wie kann man hier nur leben?", blieb dabei lieber genauso unbeantwortet wie "was macht die Ansammlung an Ratten eigentlich da?" oder "warum liegt da so viel Scheiße in der Ecke?".
Die geballte Faust des Ekels war....
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Nachdem wir flussaufwärts am letzten Ghat ankamen, gingen wir durch die Stadt zurück zum Ausgangspunkt und von dort aus in die andere Richtung weiter am Ganges entlang. Die Ghats weiter flussabwärts werden nicht zum Baden, sondern für die Einäscherung genutzt. An einem solchen Ghat trafen wir schließlich einen Einheimischen, der vorgab, in einem Hospiz am Ganges zu arbeiten, wobei ich Indern, die von sich aus auf Ausländer zugehen und augenscheinlich nur auf Geld aus sind, schon lange keinen Glauben mehr schenkte. Das ist zwar schade für diejenigen wenigen, die es ernst meinten, aber insgesamt sind die Inder daran selber schuld und der Kollege, mit dem wir es in Varanasi zu tun hatten, war im Endeffekt einmal mehr einer von der gierigen Sorte. Folgendes hat er uns sinngemäß über Fakten und Bräuche am Ghat erzählt, während wir am späten Nachmittag etwas abseits auf einer Treppe saßen, und das traurige Treiben beobachteten:
Aus ganz Indien kommen alte, kranke Menschen nach Varanasi und sogar nach ihrem Tod werden noch Leichen per Zug hierhergebracht, um am Ufer des Ganges feierlich verbrannt zu werden. Nach dem Tod werden die Körper hier zur Vergebung der Sünden im Ganges gebadet und mit Butter geölt. Nachdem die Leichen in Tücher eingewickelt und mit Blumen geschmückt in einer Trauerprozession durch die Gassen der Altstadt getragen werden, legt man sie am Ganges-Ufer auf einen Scheiterhaufen und verbrennt sie. Während wir später im „Blue Lassi“, den laut Reiseführer besten Lassi Indiens tranken, kamen innerhalb von 20 Minuten gleich drei solcher Prozessionen direkt an uns vorbei, am Folgetag haben wir noch viele mehr gesehen. Schenkt man dem Mann vom Hospiz Glauben, so werden pro Körper 200 kg Holz benötigt und jedes Kilo vom kostbaren Holz würde 250 Rupien kosten. Das glaube ich aber kaum, denn viele der Alten in Varanasi sahen so aus, als könnten sie ohne Spende nicht mal ihre nächste Mahlzeit bezahlen. Wie dem auch sei, soll solch‘ eine Einäscherung etwa drei Stunden dauern, die damit endet, dass die letzten schwelenden Knochenreste in den Ganges geschmissen werden. Anhänger der unterschiedlichen Kasten werden auf verschiedenen Ebenen des Scheiterhaufens verbrannt. Zwischen den einzelnen Scheiterhaufen der niedrigsten Kaste direkt am Wasser....
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Am nächsten Morgen genossen wir die über dem Ganges aufgehende Sonne und erfreuten uns an vom Smog verursachten prismatischen Lichtbrechungen. Ziel des Tages war der letzte zu besichtigende Tempel in Indien, dem Vishwanath-Tempel, am Rand der Altstadt. Er gilt als der prächtigste Hindutempel der Stadt und wurde Shiva, Herrscherin des Universums, gewidmet. Für uns handelte es sich allerdings nur um einen weiteren gewöhnlichen Tempel, der entsprechend geringfügig unser Interesse weckte. Aus diesem Grund machten wir uns schon kurz darauf zu Fuß zum 4,5km entfernten Bahnhof, sahen viel Elend in den staubigen Straßen außerhalb der versifften Altstadt, aßen die verschiedensten Früchte inklusive Eiweißbeilage in Form von Würmern und Maden, welche bereits ohne unseres Wissens die Früchte behausten und schwitzten in der sengenden Hitze. Am Bahnhof wollten wir uns über die Anreise nach Nepal erkundigen, scheiterten allerdings wieder einmal mehr an der Unzuverlässigkeit und Hinterhältigkeit der Einheimischen. Ersatzweise kam uns spontan die Idee, zu dem 10km entfernten Ort Sarnath mit dem Zug zu fahren, in dem Buddha nach seiner Erleuchtung seine erste Predigt gehalten haben sollte. Nachdem wir am Bahnhof aber von Gleis zu Gleis geschickt wurden und wirklich keiner der Angestellten einen Plan von Zeit und Ort der Abfahrt hatte, mussten wir kapitulieren. Manchmal fragte ich mich ernsthaft, wie das hier alles funktionieren kann, wenn sich selbst „Offizielle“ scheinbar morgens nicht einmal die Schuhe alleine zubinden können. Jedenfalls sind wir daraufhin frustriert mit einer Fahrradrikscha wieder zum Hotel zurückgefahren. Bei 44 Grad tat uns der schmächtige strampelnde Inder im Sattel schon etwas leid, doch wir hatten auf der engen Sitzbank ebenfalls zu kämpfen - mit einschlafenden Gliedmaßen. Etwas gemein!
Den letzten Abend verbrachten wir mit dem aufmerksamen Verfolgen einer hinduistischen Feierlichkeit am größten Ghat der Stadt. Es wurde gepredigt, getanzt, gesungen und farbiger Rauch vor einer euphorischen Menschenmasse, wie man es aus Deutschland nur während einer Fußballweltmeisterschaft kennt, versprüht. Um was es sich bei der Feierlichkeit genau handelte, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen, aber nichtsdestotrotz waren wir zusammen mit einer Bibeltruppe bestehend aus Europäern und Amerikanern interessierende Zuschauer. Mit der Bibeltruppe verstanden wir uns sehr gut und verbrachten einen schönen Abend zusammen, allerdings waren sie, wie der Name einem verrät, sehr religiös. Dementsprechend wurde gefühlte 1000 Male die Wörter "Gott" oder "Bestimmung" verwendet, welches in uns beiden keine Begeisterungsstürme weckte. Ich habe einen festen Glauben, nur lässt sich dieser nicht an eine bestimmte Religion festmachen. Ich denke, dass es wichtig ist, dass Menschen zur inneren Stabilität an etwas Glauben, doch teile ich die Ansätze des Christentums genauso wenig wie die des Hinduismus. Ich habe in meinem Leben eine eigene Art des Glaubens entwickelt, die sich nur sehr schwer beschreiben lässt und die Bibelgruppe tat sich, so mein Gefühl, etwas schwer dies zu akzeptieren. Leider!
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Es folgt nun der letzte Tag in Indien. Wir nahmen auf der Dachterrasse ein typisch indisches Frühstück mit Kichererbsen-Püree zu uns und checkten noch deutlich bevor die Sonne ihren Zenit erreichte aus dem Hotel aus. Laut Aussagen zweier Holländer am Abend zuvor, besteht die Möglichkeit am Busbahnhof hinterm Zugbahnhof ein Busticket zu kaufen, das einem an die nepalesische Grenze bringen würde. Und so begaben wir uns an den Ort der Empfehlung, kamen selbstverständlich erst nach Umwegen an den richtigen Ort an und kauften uns ein Ticket für den öffentlichen Bus. Da die Abfahrt allerdings erst am Abend war, nutzten wir die Zeit, um uns Geld in US-Dollar zu organisieren, welches für das nepalesische Visum an der Grenze zwingend von Nöten war. Wer nun denkt, man geht zur Bank und tauscht Geld um, ist falsch gepudert. Eine endlose Odyssee durch die Stadt folgte, die in einem verwahrlosten Einkaufszentrum endete. Dort konnten wir schließlich, zu noch angenehmen Konditionen, Geld wechseln. Unsere restlichen indischen Rupien verprassten wir anschließend in einem „Pizza Hut“, dessen Pizza nach dem köstlichen indischen Essen etwas befremdlich schmeckte. Soweit war es bereits gekommen, die heimische Kost wurde als befremdlich beschrieben, doch das indische Essen war einfach viel zu lecker und mit Abstand mein Favorit auf der gesamten Asienreise.
Alles in allem ist Varanasi ein sehr belebter und quirliger, vor allem aber religiös bedeutender Ort, der durchaus einen Besuch wert ist, sofern man mit dem Anblick des ganzen Elends und Dreckes zurechtkommt. Nach einem Monat Indien waren wir zwar schon gegen vieles abgehärtet, aber die Vorstellung von treibenden Kuh- und Menschenleichen war schwer verdaulich. Auch die tote Ratte in einem Müllhaufen direkt vor unserem Hotel, um die sich bereits mehrere Kakerlaken stritten, war kein schöner Anblick und sollte ganz bestimmt nicht meine letzte Erinnerung aus einem der faszinierendsten Länder der Welt sein.
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Katja (Freitag, 10 April 2020 01:11)
Ich weiss nicht, was du daran so schlimm fandest. Ich war auch dort, und leben und sterben gehoert dazu. Auch bei uns, da findet es nur in verschlossenen räumen statt. Hier ist einfach alles aus dem Leben zu sehen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Alles Gute fuer dich